Luigi Giacometti
Luigi Giacometti (1925–2024) war ein Bergeller Pfarrer und Linguist. Er stammt aus der Linie der Giacometti von La Palü. Luigi wurde 1925 in Coltura als Sohn von Arturo und Nelli Giacometti-Crüzer geboren. Mit seiner Familie zog er nach Maloja, wo er die Schule besuchte. Er war Schüler von Gaudenzio Giovanoli, der grossen Einfluss auf Giacomettis Denken hatte. Im Jahr 1936 war Luigi – zusammen mit seinem Bruder Guido (1930–2019) – als Kind Hauptdarsteller des Werbefilms «Wir bauen auf» der Schweizerischen Genossenschaftsverbandes (heute COOP), der von C. G. Duvanel produziert wurde und mit vielen Einwohnern des Bergells gedreht wurde. Im Jahr 2003, viele Jahre später, gab Luigi Giacometti ein Interview im Dokumentarfilm «Der Pionier», in dem er an die damaligen Dreharbeiten und an seinen Lehrer Gaudenzio Giovanoli erinnerte.
Luigi schlug die Laufbahn des Lehrers ein und unterrichtete einige Jahre an der Primarschule in Stampa. 1950 schrieb er sich an der Waldenser Fakultät für Theologie in Rom ein und setzte seine Studien in Zürich und Basel fort. Ab 1956 wirkte er als evangelischer Pfarrer in Brusio, Bravuogn/Bergün und auf dem Heinzenberg und vertiefte dabei seine Kenntnisse der drei Kantonssprachen: Italienisch, Rätoromanisch und Deutsch. Nach seiner Pensionierung widmete sich Giacometti dem Studium des Bergeller Dialekts von Sopraporta sowie dem Schreiben von Gedichten.
Er war Autor von «Elementi per una grammatica del dialetto bregagliotto di Sopraporta» (2003) und veröffentlichte 2006 eine Sammlung von Erinnerungen und Redewendungen aus dem Bergell mit dem Titel «Ragord. Tun e mazza, rama e risc». 2009 erschien eine Sammlung seiner Gedichte und Prosatexte im bregagliottischen Dialekt: «La cläv d’argent». Besondere Erwähnung verdient sein «Dizionario del dialetto bregagliotto, variante di Sopraporta» (2012); das Wörterbuch enthält über 8000 Einträge mit Beispielen, Ortsnamen und Redewendungen, die der Autor in zwanzig Jahren Forschung gesammelt hat – zwischen persönlichem und lokalem Gedächtnis, zwischen seinen Erlebnissen in Coltura in jungen Jahren und dem allgemeinen Wissen über die Geschichte und Kultur des Bergells in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Im Jahr 2021 wurde der Band «Scür e clair. Finsternis und Licht» veröffentlicht, der 40 Gedichte von Luigi Giacometti enthält, ausgewählt aus La cläv d’argent. Die Auswahl der Gedichte und ihre Übersetzung ins Deutsche wurden von Klaus Reinhardt vorgenommen. Das Buch wird durch eine CD ergänzt, auf der die Gedichte vom Autor selbst im Bergeller Dialekt gelesen werden.
Für sein „langjähriges und beharrliches Engagement für die Erhaltung und Förderung des Bergeller Dialekts“ wurde Giacometti im Jahr 2011 mit dem Bündner Kulturpreis ausgezeichnet.
Marco Giacometti, September 2025
Foto: der Pfarrer Luigi Giacometti in Brusio mit der reformierten Kirchgemeinde (von riformati-poschiavo.ch)