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Alberto Giacometti

Alberto Giacometti: Bergeller Wege

Alberto Giacometti, der im Jahr 1901 geborene, weltbekannte Bergeller Künstler, lebte nach seiner Auswanderung im Jahr 1922 meist in Paris. In der Kulturmetropole interagierte er mit Intellektuellen aus aller Welt und lernte die Kunst früher Kulturen kennen. An der Rue Hippolyte Maindron wohnte und arbeitete Giacometti in einem winzigen Mietatelier. Seine Heimat und seine Familie waren aber für sein Leben und Schaffen keineswegs unbedeutend: Giacometti wuchs, wohl behütet, umsorgt und gefördert, in Stampa und Capolago bei Maloja auf, und Bergell-Aufenthalte blieben auch nach seinem Weggang als Gymnasiast im Jahr 1915 bis zuletzt fixer Bestandteil seines Aktivitätsspektrums.

Bisher fehlt aber eine Einordnung von Albertos Werk aufgrund seines Entstehungsortes und seiner Entstehungsgeschichte: einen umfassenden Überblick über seine Bergell-Aufenthalte und über das in seinem Heimattal geschaffene Werk fehlt, ebenso wie die Kontextualisierung der Bergeller Modelle und Landschaften. Die Briefeditionen der letzten Jahre und die neuere Kulturforschung des Centro Giacometti bieten anlässlich des Gedenkjahres 2026 die Gelegenheit, die andere Seite von Giacomettis Leben und Werk zu zeigen: all das, was ihn in seinem Heimattal prägte, die Menschen, die ihn auf seinem Weg begleiteten, die Kräfte, die ihn immer wieder hierherzogen, die persönlichen Ereignisse des Künstlers im Bergell, die entscheidende Entwicklungsschritte in seinem Kunstschaffen mit sich brachten. Die Ausstellung will ein Licht auf die Ahnen werfen und aufzeigen, welche Schlüsselwerke Albertos in seinem Heimattal entstanden sind.

In der biografischen Ausstellung 2026 werden erstmals die Bergeller Facetten des Künstlers zutage treten. Sie ermöglicht es, aufgrund von neu zusammengetragenen und ausgewerteten Schriften und Zeitzeugnissen, viele der Menschen, mit denen Alberto verwandt war, die ihn in Stampa und Maloja umgaben, ihn inspirierten und herausforderten, in ein nachvollziehbares Beziehungsgeflecht zu setzen. Die Besucher werden aus nächster Nähe die Entwicklung von Albertos Persönlichkeit und Arbeit als Jugendlicher, seiner Hingabe und Zweifel beim Betrachten, Zeichnen, Malen und Modellieren im Bergell verfolgen können.

Hervor tritt ein Mann, der zwar eine glückliche und unbeschwerte Kindheit und Jugend erlebte, den der Tod von Familienangehörigen aber empfindlich traf und ihn in langjährige kreative Krisen stürzte. Eine Persönlichkeit, die noch als Vierzig- und Fünfzigjähriger auf die finanzielle Unterstützung des Elternhauses angewiesen war. Hervor tritt ein ständig Suchender, der arbeitete, um Verluste zu bearbeiten, der analysierte, was Sterben bedeutet, der auf Eigentum und auf eine eigene Familie verzichtete aus Angst, lieb gewordenes zu verlieren.

Marco Giacometti, im September 2024